Einführung
Die Bemühungen um eine bessere und gerechtere Welt sind sicherlich so alt wie die Menschheit selbst. Dieser Prozess verläuft nicht linear und ist voller Rückschläge. Es kommt immer wieder vor, dass Rückfälle die Errungenschaften zum Teil zunichte machen. Dies darf aber nicht zu Pessimismus verleiten.
Die Suche nach einer besseren Zukunft wurde und wird leider auch noch heute auf egoistische Art und Weise ohne Rücksicht auf (fremde) Menschen und Natur verfolgt. Unsere Gesellschaft akzeptiert immer noch, dass Fortschritt und Wohlstand auf Kosten von Menschen und Natur erreicht werden.
Etwas ist heute allerdings neu: Die 17 Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung der Welt wurden in einem aufwendigen Dialogprozess herausgearbeitet. Diese Ziele sind besser bekannt als SDGs, abgeleitet aus dem Englischen „Sustainable Development Goals“. Im September 2015 wurden sie bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York ohne Gegenstimmen verabschiedet. Zu den Zielen gehören 169 Unterziele und erfassen de facto alle menschlichen Aktivitäten. Mit den jeweiligen Logos sind die SDGs inzwischen weltweit bekannt. Sie sollen bis zum Jahre 2030 erreicht werden.
Jedes Land hat die Verantwortung, geeignete Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, um die Ziele zu erreichen. Im Falle des Verfehlens eines oder mehrerer Ziele gibt es allerdings keine Sanktionen.
Eine weitere Besonderheit der SDGs ist, dass kein Land der Erde behaupten kann, alle bereits erreicht zu haben. Die Folge davon ist, dass es in diesem Sinne keine „Entwicklungsländer“ gibt, sondern dass sich alle Nationen in diesem Prozess befinden.
SDGs in Deutschland – die Suche nach einer gerechten Gesellschaft mit Hilfe der SDGs
Mit einer finanziellen Förderung der Bundesstadt Bonn wurde das vorliegende Projekt initiiert. Es verfolgt das Ziel, den Bekanntheitsgrad der SDGs in Deutschland zu steigern und zugleich den Fokus auf Deutschland zu lenken.
Es gibt viele Dokumente, die ähnliche Ziele verfolgen, aber häufig haben diese einen globalen Fokus und Deutschland wird nicht besonders berücksichtigt. Diese Dokumente bergen die Gefahr, dass der Eindruck entsteht, die von den SDGs angesprochenen Herausforderungen würden Deutschland nicht oder kaum betreffen und es müssten zunächst die Probleme in fernen Ländern gelöst werden. Damit kann der Zusammenhang zwischen den hiesigen Herausforderungen und den Konsequenzen für andere Länder verloren gehen.
Auch wenn die Herausforderungen sehr groß sind, darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Menschheit vor unüberwindbaren Hindernissen steht, die unweigerlich zu einer Katastrophe führen müssen. Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Den jungen Menschen muss daher ein positives, aber zugleich realistisches Bild der Zukunft vermittelt werden, damit sie sich an ihrer Gestaltung beteiligen wollen. Die jungen Menschen dürfen nicht mit der Beschreibung der Probleme allein gelassen werden, sie müssen an Lösungsansätze herangeführt werden.
Ziel des Projektes
Das Ziel ist, die Bedeutung der Wirtschaft im Transformationsprozess der Gesellschaft auf dem Weg zu einer gerechten Wirtschaft und Gesellschaft zu betonen. Nur eine nachhaltige Wirtschaft kann den Prozess umfassend fortführen und verstetigen.
Darüber hinaus wird die Dringlichkeit der Transformation betont. In Deutschland sind in der Vergangenheit wichtige Veränderungen viel zu langsam geschehen. Nur drei Beispiele: Die Entkriminalisierung der männlichen Homosexualität, die Entdeckung der Armut in Deutschland und der Klimaschutz. Um wirkungsvolle Maßnahmen bzw. gesetzliche Änderungen umzusetzen, waren z.T. 30 Jahre und mehr nötig. So viel Zeit haben wir nicht, um den Transformationsprozess voranzutreiben und zu einem guten Ende zu führen. Die SDGs sollen bis 2030 erreicht werden. Eine große Herausforderung!
Die Zielgruppe dieses Projektes sind SchülerInnen der Sekundarstufe I und II. Sie sollen in die Lage versetzt werden, die immer komplizierter werdenden Zusammenhänge in Wirtschaft und Gesellschaft besser zu verstehen und für sich Entscheidungen zu treffen, um als junge Menschen und spätere Erwachsene ein erfülltes Leben führen zu können. Aber auch Studenten und interessierte Menschen jeden Alters sind angesprochen.
Das Projekt stellt den multiperspektivischen Ansatz in den Vordergrund. Die TeilnehmerInnen an Veranstaltungen bzw. LeserInnen sollen sich anhand der SDGs mit dem Thema einer gerechten Gesellschaft auseinandersetzen.
Die Betonung von Verzicht und Einschränkungen im privaten Konsumverhalten wird vermieden, denn wir sind überzeugt, dass man damit kaum junge Menschen am Anfang ihres Lebens als aktive Mitglieder der Gesellschaft für die nachhaltige Entwicklung gewinnen kann. Die SDGs werden als die bewusste Entscheidung der Weltgemeinschaft für eine bessere Zukunft in allen Regionen und Länder der Erde vorgestellt, die die Chancen für neue Entwicklungen und Kooperationen beinhalten. Es gilt diese zu entdecken!
Jedes SDG wird in einem eigenen Kapitel behandelt. Nach der Vorstellung des jeweiligen SDGs wird die Bedeutung der Ziele für Deutschland und inwiefern diese erfüllt werden, dargestellt.
Bei der Bewertung der einzelnen Ziele und Unterziele wird auf folgendes Dokument verwiesen:
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Nachhaltigkeitsindikatoren/Publikationen/Downloads-Nachhaltigkeit/indikatoren-0230001219004.html
Fünf Perspektiven
Mit einem multiperspektivischen Ansatz sollen die Teilnehmer an die einzelnen SDGs herangeführt werden. Folgende Perspektiven werden betrachtet.
Perspektive 1: Ich
Perspektive 2: Die Folgen meines Handelns
Perspektive 3: Strukturen
Perspektive 4: Wirtschaft
Perspektive 5: Innovationen
Die erste Perspektive fordert die SchülerInnen auf, sich mit dem Inhalt des jeweiligen SDGs zu beschäftigen, die eigene Betroffenheit zu reflektieren und nach Möglichkeit sich selbst zur Erfüllung des Ziels/der Ziele einzubringen.
Die zweite Perspektive beschäftigt sich mit der Beziehung der SchülerInnen mit den Menschen in der Umgebung, aber auch mit den Menschen in der Ferne: mit dem „unbekannten Du“.
Die dritte Perspektive sind die Strukturen, in denen wir leben. Angefangen mit dem Stundenplan in der Schule, dem Fahrplan des Busses, um zur Schule zu fahren, bis hin zur Arbeitszeit der Eltern oder den Öffnungszeiten der Geschäfte: unter dieser Perspektive sollen sich die SchülerInnen mit den Strukturen auseinandersetzen, in denen sie leben und damit, wie diese ihr Leben im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fördern oder behindern.
Die vierte Perspektive ist die Wirtschaft. Sie bestimmt fast alle unsere Aktivitäten und ohne eine Transformation der Wirtschaft kann unsere Gesellschaft nicht nachhaltig werden. Wie sehen die SchülerInnen ihre Rolle in der Wirtschaft in Bezug zum betreffenden SDG?
Die fünfte Perspektive ist die Innovation. Innovationen sind wesentlich für die Umgestaltung unserer Gesellschaft. Ohne Innovationen technischer und sozial-politscher Art wird keine nachhaltige Gesellschaft entstehen können.
Pädagogische Zielstellung
Das Interesse an Politik und politischen Fragestellungen bei SchülerInnen hat sich in letzter Zeit deutlich verändert. Während bis vor wenigen Jahren die jungen Leute als politisch uninteressiert galten, sieht die Situation heute anders aus. Greta Thunberg und die Mobilisierung der SchülerInnen zu den Freitagsdemonstrationen „Fridays for Future“ sowie die Aktivitäten der „Youtuber“ zeigen, dass viele junge Menschen ihre bisherige zurückhaltende Position aufgegeben haben. Es lohnt sich also umso mehr, Energie und Zeit in die Arbeit von pädagogischen Materialien zu investieren, mit denen man sich den zukünftigen Herausforderungen annähern kann.
Junge Menschen sollen in die Lage versetzt werden, die immer komplizierter werdenden Zusammenhänge in Wirtschaft und Gesellschaft besser zu verstehen und für sich Entscheidungen zu treffen, um als junge Menschen und spätere Erwachsene ein erfülltes Leben führen zu können.
Dafür müssen die jungen Menschen spezifische Kompetenzen entwickeln.
Sachkompetenz: In Anbetracht der Vielzahl der Themen, die die SDGs und die nachhaltige Entwicklung beinhalten, ist eine hohe Sachkompetenz in naturwissenschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen erforderlich, um zu einem angemessenen Urteil und entsprechenden Handlungen kommen zu können.
Methodenkompetenz: Die SchülerInnen sollen in die Lage versetzt werden, in der geradezu unüberschaubaren Menge an Informationen und Informationsquellen die seriösen Quellen zu erkennen.
Urteilskompetenz: Nachhaltigkeit ist durch hohe Komplexität gekennzeichnet. Dies erfordert die Entwicklung einer hohen Urteilskompetenz. Auf Schritt und Tritt tauchen Dilemmata auf, die eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung verlangen. SchülerInnen müssen sowohl in der Lage sein, unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren eine verantwortungsvolle Entscheidung treffen zu können als auch eine tragfähige Begründung für ihre Entscheidung zu liefern.
Handlungskompetenz: Wenn unsere Gesellschaft transformiert werden soll, dann müssen nach der Analyse der Situation Handlungen folgen. Die Lage zu verstehen ohne Handlungsoptionen abzuwägen, ist eine unzureichende Alternative. SchülerInnen sollen erkennen können, welche Handlungsoptionen sie heute haben und wie diese ausgeübt werden können - und zwar in den verschiedenen Bereichen, in denen sie tätig sind, in der Schule und der Familie, als Verbraucher oder als künftige mündiger Bürger. Sie sollen auch Alternativen für die Berufswahl bzw. Studium erkennen und sich auf ihre Rolle als Wähler vorbereiten.
Erläuterungen zur Nutzung dieses Dokumentes
Die Gliederung der Seiten entspricht den numerisch deklarierten Unterzielen. Darüber hinaus wurden durch die UNO weitere Unterziele alphabetisch benannt.
(Beispiel SDG 1: https://www.eda.admin.ch/agenda2030/de/home/agenda-2030/die-17-ziele-fuer-eine-nachhaltige-entwicklung/ziel-1-armut-in-allen-ihren-formen-und-ueberall-beenden.html )
Die letzteren werden bei unserer Betrachtung auf der Hauptseite des jeweiligen SDG der Vollständigkeit halber aufgeführt, jedoch nicht ausführlich diskutiert.
Die Zielerreichung im Einzelnen hängt vielfach von Wechselwirkungen und Synergieeffekten ab. Das wird bei den Unterzielen punktuell dargelegt. Eine umfassende Diskussion dieser Zusammenhänge soll aber den LeserInnen und NutzerInnen des Projektes im Zusammenhang mit der Lernarbeit, die mit den SDG-Würfeln, der Nachhaltigen Schulbank und dem Fragenkatalog von BiWiNa e.V. ermöglicht wird, überlassen werden.
Impressum
Initiative zur Förderung der Wirtschaftskompetenz im Sinne der Bildung für Nachhaltige Entwicklung e.V. - BiWiNa
Oskar-Walzel-Straße 2, 53113 Bonn
Vorstizender: Dr. Ignacio Campino
Der Herausgeber ist verantwortlich für den Inhalt.
Redaktionsteam
Karl Hermann Amthauer, Bildunsgreferent für Fairen Handel, Verein Eine Welt Linz e.V.
Dr. Ignacio Campino
Dr. Karsten Grönke
Dr. Christine Kunert
Marianne Middendorf
Gaby Prinz
und weitere
Danksagung
BiWiNa e.V. dankt der Bundesstadt Bonn für die finanzielle Unterstützung