Verein zur Förderung der Wirtschaftskompetenz

im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) e.V.

 
 


2.4 Nachhaltige und ertragreiche Produktionsverfahren


Bis 2030 die Nachhaltigkeit der Systeme der Nahrungsmittelproduktion sicherstellen und resiliente landwirtschaftliche Methoden anwenden, die die Produktivität und den Ertrag steigern, zur Erhaltung der Ökosysteme beitragen, die Anpassungsfähigkeit an Klimaänderungen, extreme Wetterereignisse, Dürren, Überschwemmungen und andere Katastrophen erhöhen und die Flächen- und Bodenqualität schrittweise verbessern.


Ertragskraft und Produktivität sind in Deutschland hoch und müssen nicht unbedingt weiter gesteigert werden. Allerdings hat die deutsche Landwirtschaft ein großes Verbesserungspotential bezüglich der Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimawandel und Dürre.

Seit etwa 150 Jahren wird die Intensität der Landnutzung gesteigert – bis hin zur industriellen Produktion.


Beitrag von Michael Horsch, Unternehmer, Landwirt und Landmaschinenbauer.

Seine Hauptaussagen: Er stellt eine Beziehung zwischen Ernährung, Gesundheit und Landwirtschaft dar. Der explizit nicht ausgesprochene Auftrag an die Landwirtschaft so viel und so billig wie möglich, vor allem an Milch und Milchprodukte, Fleisch und Zucker zu produzieren, hat dazu geführt, dass in der Welt große Anteile der Bevölkerung an einer Reihe von Krankheiten leiden, die auf eine falsche Ernährung zurückzuführen sind. Deutschland ist ein typisches Beispiel dafür.

Link: https://www.youtube.com/watch?v=aBKoRepRx6s

Der Umsatz der Landmaschinen hat sich seit 2005 mehr als verdoppelt und erreichte in 2020 € 6,15 Mrd.  Dies ist ein klarer Hinweis auf mehr Großbetriebe mit größeren Flächen.

Auch wenn der Tierschutz seit 2007 im Grundgesetz verankert ist, gibt es noch viele Defizite in der praktischen Umsetzung. Immer größere Teile der Gesellschaft äußern sich zur heutigen Landwirtschaft und ganz besonders zur Nutztierhaltung kritisch.

Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik (WBA) im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erstellte ein Gutachten mit dem Titel „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“. Das Gutachten wurde im März 2015 dem Ministerium überreicht.

Es folgte ein weiteres Gutachten vom Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Darin wurden viele Aussagen des ersten Gutachtens vertieft und im Juni 2020 präsentiert.

Das Gutachten trägt den Namen „Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten - WBAE-Gutachten“. Diese tiefgehende Analyse der aktuellen Landwirtschaft kommt zum Schluss:

Eine umfassende Transformation des Ernährungssystems ist sinnvoll, sie ist möglich, und sie sollte umgehend begonnen werden.

Das Gutachten fokussiert vier Dimensionen: Soziales, Gesundheit, Umwelt und Tierwohl.

Eine Transformation der Landwirtschaft kann nur unter Einbeziehung der zahlreichen Akteure gelingen, die eine Rolle bei der Gestaltung der Ernährung haben.  

Das Gutachten betont, dass die Verbraucher und Verbraucherinnen kaum Möglichkeiten haben eine Entscheidung zu treffen, sich nachhaltiger zu ernähren. Es fehlt an Transparenz und Informationen. Die Politik hat die Bürger allein gelassen.

Eine solche Umstellung braucht eine Finanzierung. Diese soll über die Umlenkung von Steuereinnahmen aus dem Nahrungsmittelbereich und weitere Steuern, z.B. für zuckerhaltige Getränke erfolgen. Dennoch bleiben Lücken, die aus Steuermitteln abzudecken sind.

Ganz ausgerichtet auf die Problematik der Tierhaltung wurde ein weiteres Gutachten mit dem Ziel erstellt, konkrete Maßnahmen für die Praxis abzuleiten.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft berief ein Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung zur Entwicklung von Zukunftsperspektiven für die Tierhaltung in Deutschland. Der Vorsitzende der Kommission war der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Jochem Borchert.

Im Jahre 2020 stellte dann die Kommission eine Reihe von Empfehlungen für die tiergerechte Nutztierhaltung vor: „Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung Wissenschaftlicher Beirat gesundheitlichen Verbraucherschutz“.

Die Kommission stellt fest, dass die bisherigen Bemühungen um eine nachhaltige und eine artgerechte Tierhaltung nicht ausreichend sind.

Die Kritikpunkte in der Tierhaltung sind:

• Unzureichender Platz im Stall, keine oder kaum Zugang zu Frischluft

• Zu hohes Leistungsniveau

• Keine Beschäftigungsmöglichkeiten

• Kein Weidegang

• Unzureichende Nutzung von männlichen Tieren (z.B. Ziel - keine Tötung von männlichen Küken) und Anpassung an neue Zuchtziele

• Kastration von Ferkeln ohne Betäubung

• Kupieren der Schwänze von Mastschweinen

• Kürzen der Schnäbel von Geflügel

• Veröden der Hörner bei Rindern

Die Vorschläge sind sehr weitreichend und lassen sich vor allem in den Haltungsformen zusammenfassen:

Stufe 1/Stall plus: Mehr Platz und Beschäftigungsmaterialien in Stall

Stufe 2/Verbesserte Ställe: Mehr Platz (mehr als Stufe 1),

Kontakt mit Außenklima

Stufe 3/Premium: Noch mehr Platz, Weidehaltung (Hühner und Rinder), Orientierung an Ökolandbau

Die Umstellung soll in einer Kombination von freiwilligen und verpflichtenden Maßnahmen erfolgen. Dafür wurden erhebliche Mittel an Förderbedarf identifiziert. Die Finanzierung soll ähnlich wie beim Gutachten des WBAE über Steuerumschichtungen, Preiserhöhungen und Fördermittel seitens des Staates geschehen.

Die Stufe 3 soll bis 2040 erreicht werden. Dies wird von vielen Organisationen als zu spät angesehen. Schließlich sollen die SDGs bis 2030 erreicht werden. Ein weiterer kritischer Punkt ist der hohe Förderbedarf. Es wurden in einer ersten Schätzung € 6,2 Mrd. bis 2040 ermittelt, um die bäuerlichen Betriebe zu unterstützen. Allerdings zeigen Umfragen bzw. Studien, dass die Bevölkerung bisher nicht bereit ist, die Kosten für diese Umstellung zu tragen. Es zeigt sich, dass die Bevölkerung aufgeklärt werden muss. 

Die weiteren Schritte sind eine Diskussion auf politischer Ebene und Einbindung der Gesellschaft und die Erarbeitung von Zielbildern. Falls es zu keinem Konsens kommt, wird die Transformation nicht eingeleitet.

Borchert-Bericht Empfehlungen, Link: https://www.lbv-bw.de/artikel.dll/empfehlungen-kompetenznetzwerk-nutztierhaltung_NjUyMDAzMA.PDF?UID=3A6ED38EA948C03CF0378886771DCC9514FFEE4E538D2F

Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, Link: https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/stimmen-zu-den-empfehlungen-der-borchert-kommission-11976224.html


Auswirkungen der Landwirtschaft auf das Grundwasser

In den Regionen mit intensiver Landwirtschaft ist das Grundwasser häufig mit Nitrat aus Düngemitteln und aus Gülle kontaminiert. Die Grenzkonzentration für Nitrat liegt bei 50 mg/Liter.


(Bitte zum Vergrößern auf die Grafik klicken)


Wenn man gedanklich die roten Flächen zusammenschiebt, dann ist das Grundwasser auf mindestens 30% der Fläche Deutschlands mit Nitrat belastet.

Auch Pestizide können im Grundwasser festgestellt werden. An dieser Stelle muss man anmerken, dass es seitens der Landwirte scharfe Kritik an der Art und Weise der Erfassung der Werte gibt. Falls diese Kritik von den zuständigen Stellen als berechtigt angesehen wird, könnte es einige Veränderungen auf dieser Karte geben.

Das Thema Trinkwasser wird beim SDG 6 „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“ diskutiert.


Soziale Aspekte

Ein weiterer Aspekt, der zu berücksichtigen ist, sind die Beschäftigungsverhältnisse von Leiharbeitern und Saisonkräften. Als Folge der Corona-Krise traten prekäre Wohn- und Arbeitsverhältnisse u. a. beim größten deutschen Fleischverarbeitungsbetrieb zu Tage.

Vertrauenswürdige Label für nachhaltigen Lebensmitteleinkauf Lebensmittellabels und -siegel

Lebensmittel Siegel, Verbraucherzentrale Hessen, Link: https://verbraucherfenster.hessen.de/gesundheit/lebensmittelhandel/vertrauenswürdige-siegel-im-überblick

Aus Verbrauchersicht sind vor allem die Label vertrauenswürdig, die von unabhängigen Stellen vergeben werden. Die regelmäßige Kontrolle ist unabdingbar. Die Vergabekriterien und die Einhaltung der Nutzungsbedingungen müssen transparent und überprüfbar sein.

Die verschiedenen Siegel und Label für Nahrungsmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft und Fisch und Muscheln werden hier nicht in Detail präsentiert.


Bio- oder Ökolandwirtschaft

In der Bio- oder Ökolandwirtschaft werden keine Pflanzenschutzmittel, Mineraldünger oder Gentechnik eingesetzt. Die verarbeiteten Produkte enthalten keine Geschmacksverstärker, Farbstoffe, Aromen oder Konservierungsmittel.

Die Produktionsmethoden zielen auf eine geringe Umweltbelastung.

In Deutschland etwa werden 9,1% der landwirtschaftlichen Fläche nach den strengen Kriterien des Ökolandbaus bewirtschaftet.

Ökolandwirtschaft, IOFAM, Link: https://www.ifoam.bio

Die Erträge der Biolandwirtschaft sind geringer als die der konventionell bewirtschafteten Betriebe. Beim Getreide z.B. ernten die Biobetriebe etwa die Hälfte, verglichen mit den konventionell geführten.

Vergleich zwischen Bio- und konventioneller Landwirtschaft: Link: https://www.insm-oekonomenblog.de/20936-konventionelle-versus-oekologische-landwirtschaft-was-ist-besser/

Die geringeren Erträge drücken sich in den höheren Preisen aus.


EG-Ökoverordnung

Hat ähnliche Ansprüche wie die Biolandwirtschaft. Die Regeln werden von der EU festgelegt und kontrolliert.

Link: https://www.boelw.de/themen/eu-oeko-verordnung/