Verein zur Förderung der Wirtschaftskompetenz

im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) e.V.

 
 



8. Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum

Nachhaltiges Wirtschaftswachstum fördern, Arbeit für alle sichern


Nachhaltiges Wachstum respektiert Mensch und Umwelt!

Was soll mit SDG 8 erreicht werden (https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-8):

  • Die Wirtschaft in weniger entwickelten Ländern soll um mindestens sieben Prozent jährlich wachsen
  • Ein höheres Maß an wirtschaftlicher Produktivität und der stärkere Einbezug von Frauen in das Wirtschaftssystem
  • Verbesserter Zugang zu bedarfsgerechten Finanzdienstleistungen für kleine und mittlere, insbesondere frauengeführte, Unternehmen
  • Stärkung der Kapazität inländischer Finanzinstitutionen
  • Wirtschaftsleistung und Wohlstand vom Ressourcenverbrauch entkoppeln
  • Menschenwürdige Arbeit und Vollbeschäftigung für alle erreichen
  • Abschaffung von Zwangsarbeit und Menschenhandel
  • Kinderarbeit bis 2025 beenden
  • Förderung von nachhaltigem Tourismus  

Was bedeutet menschenwürdige Arbeit für mich?

In Deutschland ist der Arbeitsmarkt stark reguliert. Arbeitszeiten und Lohn sind für viele Berufsgruppen durch Tarifverträge geregelt. Ein gesetzlicher Mindestlohn soll Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen schützen (https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsrecht/Mindestlohn/mindestlohn.html).

Trotzdem ist der Anteil an Menschen im Niedriglohnsektor seit den 2000er Jahren kontinuierlich gestiegen. In Deutschland arbeiten aktuell über 20% der Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnsektor. Damit liegt Deutschland im EU-weiten Vergleich unter den sechs Ländern mit den höchsten Anteilen.

Das Entlohnungsniveau ist in Deutschland geografisch ungleich verteilt. Im Jahr 2017 arbeiteten im Osten des Landes 34% der Beschäftigten im Niedriglohnbereich; im Westen waren es mit 17% halb so viele. Dies ist insofern bedeutsam, als dieser Sektor häufig den Grundstein für spätere Alters- sowie aktuelle Erwerbsarmut legt. Zwischen dem Bundesland mit dem höchsten (Hamburg) und demjenigen mit dem niedrigsten Einkommensmedian (Mecklenburg-Vorpommern) lag 2017 eine Differenz von deutlich über 1.000 €. Zudem werden die Top-3-Plätze auf dieser Skala von westdeutschen Ländern und die drei letzten Plätze von ostdeutschen Ländern eingenommen. (https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/47165/niedriglohnsektor).

Weiblich, jung und im Dienstleistungsbereich tätig. Diese Gruppe an Menschen ist in Deutschland am meisten von Niedriglohn betroffen. Besonders hoch war 2018 der Anteil von Beschäftigten mit Niedriglohn im Einzelhandel an Verkaufsständen und auf Märkten, bei Taxifahrer/-innen und beim Ausschank von Getränken. Aber auch an Tankstellen und im Anbau von Kern- und Steinobst gab es besonders viele Beschäftigte mit Niedriglohn. Von den jungen Erwerbstätigen unter 25 Jahren wurden in 2018 nahezu 50% niedrig entlohnt

Der Ausbildungsstand hat dabei einen großen Einfluss auf die Betroffenheit. Nahezu die Hälfte der Beschäftigten im Niedriglohnsektor hat keinen beruflichen Ausbildungsabschluss. Die Aufstiegschancen sind für Personen mit hoher Qualifikation deutlich höher. In Berufen, die eine hohe Qualifikation erfordern, schafften es zuletzt 60% der Beschäftigten innerhalb von vier Jahren über die Niedriglohnschwelle. (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/der-niedriglohnsehttps://strato-editor.com/.cm4all/widgetres.php/com.cm4all.wdn.PhotoGallery/images/thumbnail-gallery.png ktor-in-deutschland-all).


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(https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-2/niedriglohnquote.html).

Mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors ist es weitgehend gelungen, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Insbesondere für Berufseinsteiger erwies sich der Niedriglohnsektor als Sprungbrett. Jeder Dritte überwand innerhalb von vier Jahren die Niedriglohnschwelle. Die Jugendarbeitslosenquote ist im Oktober 2021 mit rund 6,5% am niedrigsten in der Europäischen Union (EU-27), die mit rund 16% einen mehr als doppelt so hohen Prozentsatz hat. (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/74795/umfrage/jugendarbeitslosigkeit-in-europa/)

Für viele ältere und geringqualifizierte Beschäftigte erweist sich der Niedriglohnsektor jedoch als Sackgasse. Ein Aufstieg in einen regulären Vollzeitjob ist für viele unerreichbar. Die Corona-Krise verstärkt die Probleme des Niedriglohnsektors, denn 2018 waren mehr als die Hälfte der Niedriglohnbeschäftigten im Groß- und Einzelhandel, in der Transport- und Nahrungsmittelindustrie sowie in den Bereichen Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen tätig. Diese Branchen sind von der Corona-Krise besonders betroffen und hier arbeiten auch viele Frauen in Minijobs ohne Anspruch auf Kurzarbeitergeld und ohne soziale Absicherung. (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/der-niedriglohnsektor-in-deutschland-all)

Die Corona-Krise vergrößert die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland. Geringverdiener, Erwerbstätige mit Migrationshintergrund, Paare und Alleinerziehende mit Kindern waren häufiger von Einkommensverlusten betroffen als Kinderlose und gutverdienende Beschäftigte in unbefristeten Stellen in Unternehmen mit Tarifvertrag und Betriebsrat.

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(https://www.boeckler.de/de/soziale-ungleichheit-18291-einkommenseinbussen-durch-corona-28172.htm)

Den besten Schutz vor niedrigem Lohn und Arbeitslosigkeit bietet eine gute Ausbildung. Je höher der Bildungsstand, desto niedriger das Risiko arbeitslos zu werden.

Die Arbeitslosenquote wird in erheblichem Maße durch den Bildungsabschluss beeinflusst. Von der Erwerbsbevölkerung mit einem hohen Bildungsstand waren im Jahr 2020 deutschlandweit lediglich 2,6 Prozent arbeitslos (Bildungsstand nach der Klassifikation ISCED – International Standard Classification of Education). Bei der Erwerbsbevölkerung mit einem mittleren Bildungsstand waren es im selben Jahr 3,1 Prozent. Hingegen lag die Arbeitslosenquote der Erwerbsbevölkerung mit niedrigem Bildungsstand bei 8,8 Prozent.


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(https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61724/arbeitslosenquoten-nach-bildung-und-alter)


Was bedeutet Wirtschaftswachstum für Deutschland?

Wirtschaftliches Wachstum gilt fast überall auf der Welt als eines der Hauptziele staatlicher Wirtschaftspolitik. Denn Wachstum, so wird argumentiert, erhöht den Lebensstandard der Bevölkerung, schafft Arbeitsplätze, kann soziale Konflikte besser zu lösen helfen, erleichtert den Strukturwandel und macht es schließlich auch möglich, mehr Geld in Aufgaben wie den Umweltschutz und die Entwicklungshilfe zu investieren.

(https://www.wirtschaftundschule.de/wirtschaftslexikon/w/wirtschaftswachstum/)

Die Kritiker des Wirtschaftswachstums argumentieren, dass in hoch entwickelten Industrieländern wie Deutschland eine weitere Steigerung des materiellen Lebensstandards und die Reduzierung der Arbeitslosigkeit durch weiteres Wachstum kaum mehr möglich ist. Stattdessen führt eine stetig wachsende Gütermengen durch Produktion und Verbrauch zu einer zunehmenden Umweltbelastung und der Verknappung von Ressourcen.

Ein Indikator für den Ressourcenverbrauch ist der ökologische Fußabdruck. Er beschreibt die Fläche auf der Erde, die notwendig ist, um die benötigte Energie sowie alle benötigten Rohstoffe für den aktuellen Lebensstil bereitzustellen. Bei der Berechnung des ökologischen Fußabdrucks eines Menschen werden die Faktoren Wohnen & Energie, Konsum & Freizeit, Ernährung sowie Verkehr & Mobilität berücksichtigt (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/588224/umfrage/oekologischer-fussabdruck-der-laender-mit-den-hoechsten-werten/).

Der eigene ökologischen Rucksack kann mit Hilfe des Ressourcenrechners des Wuppertal Instituts oder Global Footprint Networks berechnet werden (https://www.ressourcen-rechner.de/; http://www.footprintcalculator.org/home/de).

Der ökologische Fußabdruck Deutschlands beträgt ungefähr drei Erden. Deutschland steht damit zusammen mit Frankreich und Japan an fünfter Stelle aller Länder dieser Erde. Deutschland verbraucht damit ungefähr dreimal mehr Ressourcen als im eigenen Land erzeugt werden können.

Jedes Jahr wird dem Earth-Overshoot-Day (Erdüberlastungstag) gedacht. Dies ist der Tag, an dem die menschliche Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen das Angebot und die Kapazität der Erde zur Reproduktion dieser Ressourcen in diesem Jahr übersteigt. Im letzten Jahr lag dieser Tag am 29. Juli und damit wieder auf dem Niveau vor der Coronakrise. Mit Aktionen wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Menschheit über ihre Verhältnisse lebt und es werden Beispiele aufgezeigt, um den Ressourcenverbrauch zu verringern (https://www.overshootday.org/newsroom/press-release-july-2021-germany-de/; https://www.overshootday.org/newsroom/past-earth-overshoot-days/).

Welche Transformationen und Innovationen sind notwendig für eine zukunftsfähige Wirtschaft?

Spätestens nach Veröffentlichung von „Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit“ im Jahre 1972 wissen wir, dass Wachstum ins Unendliche auf der heutigen Basis nicht möglich ist.

Der Ressourcenverbrauch und die Abfallerzeugung müssen gestoppt werden, damit die fortlaufende Naturzerstörung sich nicht weiter fortsetzt. Gleichzeitig sollen die Bedürfnisse der Menschen weiterhin erfüllt werden. Aus dieser Forderung hat sich der Begriff des qualitativen Wachstums geprägt. Qualitatives Wachstum beinhaltet neben der reinen Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktionsmenge die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen, die Schonung der Umwelt oder die gerechte Einkommensverteilung. (https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/21136/wirtschaftswachstum).

Ein Konzept zur Erreichung des Ziels ist die sogenannte Zirkuläre Wirtschaft.

In einer zirkulären Wirtschaft werden Roh- und Werkstoffe möglichst lange im Kreislauf gehalten. Ziel ist das Verlangsamen und Schließen von Kreisläufen, um Ressourceneinsatz, Abfallproduktion, Materialverluste, Emissionen und Energieverschwendung zu minimieren.

Das Konzept beruht auf den folgenden, grundlegenden Prinzipien:

  • Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energien
  • Maximierung der Nutzungsdauer von Wirtschafts- und Konsumgütern zur Verlängerung des Produktlebenszyklus
  • Wiederverwertung von Materialien und Rohstoffen zur Vermeidung von Abfall und Umweltverschmutzung
  • Regeneration natürlicher Systeme

Die EllenMcArthur Foundation hat den Fluss von technischen und biologischen Materialien durch den Wertekreislauf in einem Systemdiagramm veranschaulicht:




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(https://ellenmacarthurfoundation.org/circular-economy-diagram)

Technische und biologische Materialien durchlaufen dabei unterschiedliche Kreisläufe. Biologische Materialien, wie z.B. Produkte aus Holz oder bioabbaubare Kunststoffe, werden nach der (mehrfachen) Nutzung zurück in den biochemischen Kreislauf gegeben und zu Nährstoffen für lebende Organismen, die damit wieder die benötigten Rohstoffe erzeugen. Technische Rohstoffe auf Basis von Mineralien oder fossilen Rohstoffen werden nach der Produktion durch Reparatur und die Wiederverwendung oder Aufarbeitung der Produkte möglichst lange im Kreislauf gehalten. Das Recycling von Rohstoffen steht dabei erst an letzter Stelle. Für alle Prozesse werden erneuerbare Energien aus Sonne, Wind oder Biomasse eingesetzt.

Das Produktdesign und die Entwicklung von geeigneten Produktionsprozessen sind von entscheidender Bedeutung für die Umsetzung des Konzepts. Hierbei müssen alle Akteure der Wirtschaft umdenken und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Noch sind wir als Gesellschaft weit entfernt von diesem neuen Denkmuster in geschlossenen Kreisläufen. Der Circularity Gap Report stellte fest, dass nur ca. 9% von den über 90 Milliarden Tonnen Mineralien, fossilen Brennstoffe, Metalle und Biomasse, die jährlich in die Wirtschaft gelangen, wiederverwendet werden. (https://www.circularity-gap.world/2020)

Es ist noch ein langer Weg bis zu einer zirkulären Wirtschaft. Aber Personen und Unternehmen, die bereits heute in zirkulären Kreisläufen denken, profitieren von geringeren Kosten, mehr Effizienz, weniger Abfall und Haftungsrisiken, einem Informationsvorsprung, guten Beziehungen und einem positiven Image.



(Bitte zum Vergrößern auf die Grafik klicken)

https://www.capgemini.com/de-de/2020/02/invent-abschied-von-der-wegwerfwirtschaft/


Weiterführende Links:

https://www.youtube.com/watch?v=9tviH_W-Q3M (Die Grenzen des Wachstums)

https://utopia.de/ratgeber/earth-overshoot-day/ (Welterschöpfungstag)

https://www.fussabdruck.de/ (Berechnung eigener Fußabdruck)

https://germanwatch.org/de/17122 (Den Handabdruck vergrößern)

https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/wwf-studie-kreislaufwirtschaft-100.html (Weg vom Plastikmüll)

https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/kreislaufwirtschaft/index.html (Kreislaufwirtschaft)

https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/ressourcen_und_technik/ressourcen_abfaelle_vermeiden.pdf (Abfälle vermeiden)


Unterziel 8.a 

Die im Rahmen der Handelshilfe gewährte Unterstützung für die Entwicklungsländer und insbesondere die am wenigsten entwickelten Länder erhöhen, unter anderem durch den erweiterten integrierten Rahmenplan für handelsbezogene technische Hilfe für die am wenigsten entwickelten Länder
Dieses Ziel spielt im Rahmen des Projektes keine große Rolle und wird nicht betrachtet.

Unterziel 8.b 

Bis 2020 eine globale Strategie für Jugendbeschäftigung erarbeiten und auf den Weg bringen und den Globalen Beschäftigungspakt der Internationalen Arbeitsorganisation umsetzen.
In Deutschland gibt es verschiedene Programme für die Eingliederung von arbeitslosen Jugendlichen.
Eingliederung von arbeitslosen Jugendlichen. Link: https://www.boeckler.de/pdf/p_arbp_021.pdf